Freitag, 4. Dezember 2009

Fremdschämen

Prinzipiell ist das Internet eine feine Sache. Man bekommt eine Menge Informationen, man kann Einkäufe erledigen, Geld überweisen und noch Hunderte andere mehr oder wenige nützliche Dinge tun. Der Haken daran ist freilich, dass jeder mitmachen darf, wie auch ich mit diesem Blog. Dieses Jedermanrecht führt bei mir des Öfteren zu nicht gerade milden Hasstiraden. Normalerweise beruhige ich mich recht schnell, doch Nora Imlau hat vor ein paar Tagen den Vogel abgeschossen, ich kann einfach immer noch nicht an mir halten.

Frau Imlau hat einen Text über die Namensfindung für ihre Tochter geschrieben. Das Machwerk heißt "Ein Name für Pünktchen". Pünktchen, weil ihr Nachwuchs nur ein kleiner Punkt war, als sie diesen erstmals auf einer Ultraschallaufnahme sah. Dadurch wurde der Prozess in Gang gesetzt, ich will das Ganze hier ein wenig abkürzen. Es durfte kein Name sein, der auf "i" endet, denn Frau Imlau hat im Internet gelesen, dass diese Namen bei Personalchefs das "Image der süßen und attraktiven, jedoch weder klugen noch fähigen Mädchenfrau" haben. Das ist total doof für Frau Imlau, wo doch dadurch ihr Favorit Lilli aus dem Spiel ist. Doch Frau Imlau ist clever und tischt dem Leser eine hahnebüchene Geschichte auf, wie sie doch noch zu ihrer Lilli gekommen ist.

Die Gute erinnert sich nämlich einfach an ihre Kindheit - macht man ja ständig, wenn man verzweifelt ist. Da fällt ihr ein, dass sie sich früher bei Oma im Garten immer ein ach so zauberhaftes Kinderbuch angeschaut hatte. "Linnea im Garten des Malers". Und Lilli wäre ja im Prinzip die Kurzform von Linnea. Hach, was ist das schön. Und auf einmal spürt man, wie Frau Imlau beim Schreiben des Textes vor dem Computer gesessen haben muss, völlig hin und weg, von ihrem Kniff aus ihrer künftigen Mädchenfrau eine knallharte - wenn auch hässliche - Managerin zu machen.

Doch die Geschichte ist noch nicht zu Ende. Das Kind hieß letztlich Linnea Sophie, weil der Vater, ein Malte, der Meinung war, Linnea allein reiche nicht. Da fehle irgendwas. Deshalb hat er mal eben Sophie ansatzlos aus der Hüfte geschossen. Ein ganzer Kerl, dieser Malte. Wenige Monate nach der Geburt stöberte Frau Imlau "in einem plötzlichen Anflug von Nostalgie" in alten Tagebüchern ihrer Schulzeit. Ist klar. Machen wir ja alle mal. Jetzt kommt der Punkt, wo Frau Imlau vor lauter Aufregung wahrscheinlich kaum noch tippen konnte. Sie fand nämlich angeblich einen Tagebucheintrag, den sie im Alter von 15 Jahren geschrieben hatte: "Wenn ich mal eine Tochter kriege, soll sie Linnea heißen."

Es empfiehlt sich nun, eine gedankliche Pause einzulegen, um den Brechreiz zu unterdrücken. Es hilft allerdings kaum. Jetzt mal ehrlich, Frau Imlau. Da waren doch nicht nur Hormone, sondern auch einige illegale Sachen im Spiel, oder? Man schaut ja Kinderbücher an, wenn man noch nicht lesen kann. Also so mit fünf oder sechs Jahren. Und zehn Jahre später, so mitten in der Pubertät, wenn man die ganze Welt hasst, krixeln Sie einfach mal so diesen Satz in Ihr Tagebuch. Und um das ganze komplett unglaubwürdig zu machen, wählen Sie - natürlich total unterbewusst - diesen Namen aus. Und wenn Malte nicht seinen Senf dazu gegeben hätte, wäre es sogar eine reine Linnea geworden.

Seit auf einigen Privatsendern Frauen getauscht, Schwiegertöchter gesucht und Kinder auf die stille Treppe geschickt werden, ist das Fremdschämen zum Alltag geworden. Allerdings nur über die Flimmerkiste. Frau Imlau hat es geschafft, dass mich dieses unbehagliche Gefühl, bei dem man sich am liebsten schütteln würde, als wäre man von Würmen, Kakerlaken und anderen Insekten befallen, erstmals beim Lesen eines Textes überkam. Ich weiß nur nicht, ob ich jetzt danke sagen soll.

Wielertom.com

Mittwoch, 26. August 2009

Die Augen rechts!

Ich experimentiere ein wenig mit Twitter als Nachrichtenmedium. Weil der Radsport so grandios ist, wird er zum Pilotprojekt. Auf der rechten Seite findet ihr stets die neuesten Einträge, alternativ kann man mir auch bei Twitter selbst folgen.

Dienstag, 25. August 2009

Donnerstag, 2. Juli 2009

Lance vs. ManXpress


Schmach mit der Oma

Tag drei. Schon beim Aufstehen tut alles weh. Der Sonnebrand zieht auf der Haut, die Oberschenkel schreien förmlich bei jedem Tritt. Nur noch einmal quälen. 30 Kilometer den Berg hinauf, den Croix de Fer. Mein Fahrrad kommt nach Hause.

Gleich hinter dem Hotel weist das Schild nach rechts. Eine breite Straße zieht sich schnurgerade den Berg hinauf. Mit durchschnittlich über acht Prozent Steigung. Die Sonne brennt noch unbarmherziger als am Tag zuvor. Schon nach zehn Minuten tropft mir der Schweiß aus dem Nacken und fällt kühlend auf meine Unterarme. Die Hitze ist unerträglich. Nach drei Kilometern ist die halbe Trinkflasche leer. Und meine Beine auch. Ich habe das Telefon in der Hand. Nur ein paar Ziffern muss der Daumen drücken, dann bin ich erlöst. Doch der Daumen will nicht.

Nach vier Kilometern zeigt der Berg sich gnädig. Bäume spenden Schatten, es geht rauschend bergab. Der Fahrtwind streicht über den nassen Rücken. Doch die Freude währt nur kurz. Eine Brücke, eine scharfe Linkskurve und wieder zehn Prozent. Die Sonne hat freie Schussbahn. Ich erblicke einen Leidensgenossen vor mir. Tief über den Lenker gebeugt, tritt er in die Pedale. Er fährt zick-zack. Den kauf ich mir. Wenigstens einer soll heute schlechter sein. Ich trete rein. 10, 10,5, 11, 11,5. Die virtuelle Tachonadel richtet sich gen Norden.

Nach zwei Kilometern bin ich dran, fahre vorbei und will am liebsten vor Scham umkehren. Der Zick-Zack-Fahrer ist eine Frau. So um die 60. Eine Oma. Meine letzte Kraft dahin, die letzte Trinkflasche geleert, die Reserve-Cola auf ex gekippt. Und alles für die Oma. Ich radle vorbei. Geschockt. Gedankenlos.

Es geht eben bis leicht steigend durch das Tal. Endlich eine Wasserstelle. Ich halte an, fülle die Trinkflaschen an einem Trog. Die Oma schießt vorbei. Ich trete widerwillig weiter. Nur noch zehn Kilometer. Im Ort vor dem letzten Steilstück steht die Oma. Füllt die Bidons an einer Quelle. Ich halte an. Meine Flaschen sind wieder leer. Wir kommen ins Gespräch. Sie auf französisch, ich auf englisch. Mit Händen und Füßen folgt der Rest. Wir reden zu 90 Prozent aneinander vorbei. Ich wünsche ihr noch viel Glück und fahre los. Will schließlich vor ihr oben sein.

Die Steigung im Ort ist brutal. Durchgehend zweistellig zieht sich der Weg Richtung Pass. Zwei Kilometer vor dem Col ist es aus. Minutenlang hänge ich über dem Lenker, zwinge mit tiefen Atemzügen die Luft in die geplagten Lungen. Eine Frau, um die 50, zieht mit lockerem Tritt an mir vorbei. Sie ruft noch: "Allez courage!" Das habe ich gebraucht. Langsam aber mit lockerem Tritt geht es zum Eisernen Kreuz. Der Pass ist unscheinbar, liegt nach einer Rechtskurve zwischen zwei Felswänden plötzlich vor einem. Ein schnelles Foto und dann hinunter. Wahsinnsabfahrt. Wunderschön. Mit Blick auf den Mont Blanc. Tausendprozentig.

Dienstag, 23. Juni 2009

Auf dem Dach

Abgase und der Geruch der frisch geteerten Straße kriechen in die Nase. Widerlich. Über fast zwölf Kilometer begleitet einen der Gestank, die Sonne brennt unbarmherzig vom knallblauen Himmel. Der Col du Telegraphe ist einfach nur im Weg. Und zwar in jeder Hinsicht. Im Weg, wenn man zum berühmten Col du Galibier fährt, im Weg, wenn man vom Galibier kommt. Im Weg, wenn man ins schmucke Skiörtchen Valloire will. Im Weg vor allem dann, wenn man am Tag zuvor auf dem Mont Ventoux war.

Der Telegraphe ist keine wirkliche Herausforderung, was natürlich noch mehr nervt. Auf den ersten drei Kilometern führt er noch recht steil aus St. Michel de Maurienne hinaus. Danach kann er sich nicht entscheiden. Mal ist es mehr und mal weniger steil. Mal ist es sogar topfeben. Man kann ihn gut durchfahren, wenn man zum Beispiel Wadenprobleme hat. Das ist aber auch schon alles.

Von Valloire aus sind es noch 17 Kilometer bis zum Galibier. Auf den ersten neun, relativ flachen und sogar mit einer kleinen Abfahrt versehenen Kilometern bekam ich die Quittung für mangelnde Ernährung. Arme und Beine zitterten. Ich war alle. Schnell eine Banane hintergewürgt, dazu ein Energiegel und einen halben Riegel. Die Vorräte waren damit aufgebraucht. Die Straße zieht sich entlang eines Flußes bis zum Ende des Tals. Die Steigung ist moderat. Vielleicht zwischen fünf und sieben Prozent.
Auf den letzten acht Kilometern schlägt der Berg zurück. Eine 180-Grad-Kurve nach rechts und der Spaß ist vorbei. Die Oberschenkel brennen. Jeden Kilometer eine Pause, so könnte es klappen. Und es klappt. Etwa sechs Kilometer vor dem Ziel sieht man den Pass. Die letzten Kehren schlängeln sich durch den Schnee und lassen nichts Gutes erahnen. Fünf von fünf roten Sternen kriegt er bei Quäldich, und die Jungs spaßen echt nicht. Bis zu 22 Prozent zeigt der Fahrradcomputer an. Die letzten Kräfte werden beim Fotografen verschwendet. Soll ja gut aussehen. Noch eine Pause und dann noch ein paar hundert Meter. Oben! 2645 Meter über dem Meer. Was ein Blick.

Dienstag, 16. Juni 2009

Patron am Riesen

Der Mont Ventoux und ich waren bisher nicht die besten Freunde. Ich mochte ihn nicht wegen seiner steilen Rampen, er ließ mich seine Antipathie mit der stets vorherrschenden Gluthitze spüren. Doch dieses Jahr sind wir uns näher gekommen. Dass heißt zum größten Teil ist er eingeknickt und hat seine bockige Position verlassen.

Der Riese der Provence hat natürlich wieder alles versucht. Die Hitze flimmerte im Tal bereits über dem Asphalt. Reckte man den Kopf nach links, erhob sich in schier unerreichbarer Ferne der Turm auf dem Gipfel. Schon seit zwei Tagen kreisten meine Gedanken um die erste Kurve. Eine Drehung um 180 Grad nach rechts, gezäumt von einer gewaltigen Leitplanke. Erreicht man den Scheitelpunkt der Kurve, sieht man, was einen die nächsten acht Kilometer erwartet. Erst am Chalet Reynard gönnt der Berg einem eine Pause.
Vor fünf Jahren war die erste Kurve bereits der Anfang vom Ende. Nach wenigen Metern stieg ich ab und leerte eine halbe Trinkflasche. Alles in dem naiven Glauben, unterwegs genügend Wasser zu bekommen und zudem in der Hoffnung, dass nach der nächsten Kurve die Steigung nachlässt. Nichts traf zu. Merde.


Doch fünf lange Rennrad-Jahre später verlor der Ventoux seinen Mythos. Nicht schnell, aber mit lockeren Tritt meisterte ich die ersten steilen Kilometer. Stets etwas ungläubig, rechnete ich jeden Moment mit einem Einbruch. Doch es gab keinen. Mit 25 Sachen schoss ich quasi die letzten Meter auf das Chalet zu. Selbst die defekte Wasserpumpe war mir egal.
Am Chalet wurde es sogar kalt. Der Wind pfiff in Böen über den Kahlen Berg und strich über den nassen Rücken, dass es einen schüttelte. Das kostete zwar Nerven, aber das taten Markus‘ Groupies auch. Eine Gruppe End-Sechziger bestaunte seinen Rahmen. Mittlerweile dürfte der Gute in etwa acht Sprachen wissen, was „schöner Rahmen“ heißt. In mir wächst so langsam der Neid.

Auch die gefürchteten letzten sechs Kilometer liefen entspannt wie nie erträumt. Auf den langen Geraden in Richtung Turm schickte der Ventoux eine Böe nach der anderen hinunter. Doch der Tritt blieb locker. Und die Zieleinfahrt war wie bestellt. Die Dauphine Libere machte am gleichen Tag Station. Die letzten Meter waren mit Gittern abgesperrt, die Masse tobte „Allez courage, allez courage“. Ein Blick zurück, niemand war am Hinterrrad. Ich war der verdammte Patron. Zumindest für diesen einen Tag.

Trois Jours, Trois Cols

Tag 1 - Mont Ventoux, Col de la Madeleine - 1703 Hm

Tag 2 - Col du Telegraphe, Col du Galibier - 2302 Hm

Tag 3 - Col de la Croix de Fer, Col du Glandon - 1665 Hm

Mittwoch, 3. Juni 2009

Mittwoch, 6. Mai 2009

Shit happens

Reißt die Einkaufstüte, ist das dumm gelaufen. Reicht der Rasierschaum nur noch für eine Gesichtshälfte, ist das dumm gelaufen. Investiert man Millionen in eine Werbekampagne, um seinen härtesten Konkurrenten zu verschmähen, ist das total clever. Kommt heraus, dass die Werbespots auf den Produkten des Konkurrenten geschnitten wurden, ist das mal richtig dumm gelaufen.

Zurück auf Anfang. Der nicht nur Insidern bekannte Konzern Microsoft sorgt in den USA seit einigen Wochen mit den "Laptop Hunter"-Spots für Aufsehen. In den Clips suchen diverse Personen einen Laptop, der ihren Anforderungen entpricht und nicht mehr als 2000 Dollar kostet. Natürlich gehen sie zuerst in einen Apple-Laden, doch für ihr Budget bekommen sie dort nichts. In einem Elektro-Großmarkt werden sie dagegen fündig. Stolz marschieren sie mit ihrem neuen Notebook, dessen Betriebssystem natürlich Windows ist, auf den Parkplatz. Stolz präsentieren sie ihr üppiges Rest-Budget. Die Spots sollen dem Konsumenten also mitteilen, dass Apple überteuerte Schickmicki-Ware ist und nur Laptops mit Windows die einzig wahren sind.

Nun veröffentlichte jedoch das Magazin Wired Fotos der Werbeagentur, die für die Kampagne verantwortlich ist. Und in den Räumen arbeitet wirklich jeder mit einem Mac, so dass wohl auch Microsofts Filmchen an Apple-Rechnern zurechtgebastelt wurden. Selbst der Chef, so heißt es, hat gleich zwei MacBook Pro. Autsch.

For life

Dienstag, 21. April 2009

Achtbaan op Limburgs Moiste

Ich hätte heulen können. Das beschreibt meinen Erschöpfungszustand nach dem Amstel wohl treffend. So fertig war ich zuletzt nach dem Marathon und das ist bestimmt acht Jahre her. Das mir nach 90 der 125 Kilometer der Zahn gezogen wurde, lag eindeutig am Trainingsrückstand, den mir mein kranker Körper beschert hatte. Aber ich will keine Ausreden suchen.

Es war ein äußerst grandioses Rennen. Das Wetter war herrlich, die Landschaft entzückend und wo man auch hinsah, erblickte man Leute auf Fahrräder. Es war wirklich ein Volksfest. Nach einem kurzen Umweg - meine Mitfahrer hatten sich an einem Mädel festgesehen und wir bogen einmal falsch ab - erreichten wir den Start des Gold-Rennens und machten uns kurz nach neun auf den Weg. Faszinierend war die Zahl an Pannen. Auf der ganzen Strecke haben wir keinen Sturz gesehen, aber alle zwei Kilometer stand jemand am Rand und flickte seinen Reifen oder bastelte an der Schaltung rum. Unglaublich.

Nach einer kleinen Extra-Runde wurden wir nach 45 Kilometern mit den 100ern zusammengeführt und erwischten gleich eine gute Gruppe. Bis zum Verpflegungspunkt bei Kilometer 80 lief alles super, doch dann schlug mir die Kombination aus Rosinenbrötchen und Isostar gewaltig auf den Magen. Ich ließ mich gegenüber Ulf noch zu einem "Die letzten 45 reißen wir auf einer Arschbacke ab" hinreißen, um keine fünf Kilometer später zu verrecken.
Zu meinem Nachteil begann da erst die eigentliche Achterbahnfahrt durch Limburg. Nachdem mich ein etwa 70-Jähirger auf seinem Kettler Alu-Rad überholt hatte und mir moralisch den Zahn gezogen hatte, fand ich zu meinem Glück zwei Radlerinnen, die mir erholsamen Windschatten spendeten.
Doch lange währte das Glück nicht. Obwohl ich in der Ebene keinen Druck auf das Pedal bekam und auf dem Rad keine annähernd bequeme Position mehr fand, lief es in den Anstiegen super. Die Holländer fielen da weg wie die Fliegen, während ich mit meiner Dreifach-Kurbel zum Gipfel flog. Und so war ich wieder allein. Haarig wurde es kurz vor dem Ziel in einer Abfahrt, als ein Irrer die Straße überquerte und ich jenseits der Geschwindigkeitsgrenzen angeflogen kam. Mein Geschrei hat der bestimmt heute noch im Ohr.

Nach 4 Stunden 53 Minuten und 26 Sekunden stoppte die Uhr. Mit einem Schnitt von 25,6 km/h wurden 587,7 Höhenmeter bewältigt. Auf den letzten 35 Kilometer hatte ich den Schnitt noch ordentlich nach unten gedrückt. Während Ulf sich schon von der Security die erste Kippe erschnorrte, saß ich gedankenverloren auf dem Cauberg und dachte nur noch an die zwölf Kilometer lange Rückfahrt ins Hotel. Verdammter Mist. Meine Knie schmerzten höllisch, mein Hintern noch mehr und den Rücken spürte ich gar nicht mehr. Als kleinen Bonus goss es plötzlich wie aus Kübeln.

Drei Tage später sind die Qualen jedoch wieder vergessen und es juckt gewaltig, wieder aufs Rad zu steigen. Gestern habe ich das mal probiert. Bin nur kurz zum Supermarkt und zurück. Ich war völlig am Ende.

Samstag, 4. April 2009

Ronde, Omloop, Entzündung

Es ist ja wie verhext. Gerade schnippelt Grafite eine Hacke an drei verdutzten Bayern-Akteuren vorbei und ich schau nur mit einem Auge hin. Nicht sprichwörtlich, sondern weil ich ein Matschauge habe. Es fing mit einer kleinen wunden Stelle an und heute morgen, drei Tage später, war es rot, versifft und zugeschwollen. "Massive Bindehautentzündung" sagte Frau Doktor und alle zwei Stunden darf ich mir ein Antibiotikum in die Tasche, wie wir Fachtropfer sagen, geben.

Training ist für die nächsten Tage erstmal futsch, zumindest auf dem Rad. Mit einem Auge fährt es sich da schlecht. Die Auszeit kommt ungünstig, denn nach meinem Fiasko am vergangenen Sonntag, bin ich mittlerweile richtig gut drauf. Bei der Ronde van Schladitz legte ich am Dienstag auf den 60 Kilometern ebenso einen problemlosen 28er Schnitt auf den Asphalt wie auch zwei Tage später beim Omloop Het Grimma, da waren es 75 Kilometer. Gut, die nennenswerten Anstiege gab es da nicht, aber immerhin sollte ich mittlerweile wieder in der Lage sein, 100 Kilometer ohne Qual abzureißen. Die letzten 25 werden dann beim Amstel auch irgendwie gehen. Spätestens Mittwoch sitz ich wieder auf dem Bock, da kann das Auge machen, was es will. Jetzt muss ich aber erstmal zum Tropfen.

Sonntag, 29. März 2009

Hügelspielchen

Nach knapp 30 Kilometern fiel ich vom Rad. Wirklich gefallen bin ich natürlich nicht, mit einer kurzen Drehung des Fußgelenks befreite ich mich aus den Klickpedalen und kam zum Stehen. Knapp drei Minuten verbrachte ich über den Lenker gebeugt und hatte nur eines im Sinn:
Atmen. Meine erste Ausfahrt in die Hügel des Muldentals führte mich dann über weitere 50 Kilometer zurück nach Leipzig.

Die Tour gehörte zum Training für das Amstel Gold Race und öffnete mir gnadenlos die Augen über meinen körperlichen Zustand. Drei Kilometer nach dem Start in Bad Lausick merkte ich, dass ich mein GPS anschalten musste, um die Aufzeichnung zu beginnen. Toller Start, den ersten Anstieg glaubt mir also keiner.

Relativ erträglich führte die Strecke über eine wunderbar ausgebaute und spärlich befahrene Bundesstraße ins berühmte Colditz (siehe: Schloss, 2. Weltkrieg, Briten, Ausbruch). Dort ging die Plackerei dann schon los. Die nächsten zehn Kilometer zum Wendepunkt Rochlitz ruinierten mir bereits gewaltig den Tag. Ich habe nichts gegen kleine Hügel, nur wenn es danach kurz runter geht, um mich dann ebenso steil wieder bergauf zu jagen, nervt das. Nach drei Anstiegen war ich kaputt, quälte mich nach Rochlitz und schob mir in Pause Nummer eins den ersten Riegel rein.

Frisch motiviert ging es zurück Richtung Colditz bis zu jenem, oben beschriebenen Vorfall. Zu meiner Entschuldigung sei gesagt, dass die Steigung an jener Stelle fast 20 Prozent betrug. Nachdem ich mich einen weiteren Hügel dank meiner Dreifach-Kurbel hinaufgeschleppt hatte, sagte Gehirn an Körper: Abbruch, Abbruch. Der Körper gehorchte und ich zuckelte zurück nach Bad Lausick, was ich nach etwa 50 Kilometern auch tatsächlich erreichte. Zurück ins Leipziger Tiefland wehte mir auch noch die ganze Zeit der Wind um die Nase. Nicht stark, aber für mich durchaus ausreichend. Außerdem fand ich keine annährend bequeme Sitzposition auf dem Rad mehr. Ständig wechselte ich die Handpositionen, so dass mir bald die Schultern wehtaten.

Nach einer weiteren Atempause bei Kilometer 65 schoss ich mit einem waghalsigen 23er Schnitt Richtung Leipzig. Mich überkamen wahre Glücksgefühle, als sich plötzlich das Völkerschlachtdenkmal vor mir auftürmte. Jetzt tut mir alles weh. Am Dienstag geht es wieder aufs Rad.

Montag, 2. März 2009

One gear only

Lange nicht gemeldet, Asche auf mein Haupt. Aber ich hatte viel zu tun. Leider nicht mit dem Training. Nachdem der Januar der Witterung zu einem großen Teil zum Opfer fiel, war es im Februar die Arbeit. Dabei ging der Monat gut los. Jedoch lediglich, um dann stark nachzulassen. Habe zwei Wochen ohne freien Tag durchgearbeitet und hatte wirklich keine Lust aufs Laufen.

Die Fortbewegung wird jetzt ohnehin immer mehr auf das Rad umgestellt. Gestern habe ich die Saison eröffnet. Mit vier Lagen Funktionsshirts und meiner hervorragenden Thermojacke machten die Temperaturen (5 Grad) keine Probleme. Ich bin 55 Kilometer geradelt, alles in einem Gang, ich wollte die Frequenz möglichst hoch halten. Die erste Hälfte war wirklich quälend, aber als dann auf dem Rückweg der Wind günstig blies, war es richtig schön.

Ich hoffe, dass das Wetter in den nächsten Wochen ein wenig mitspielt, denn das Amstel ist ja bereits in sechs Wochen. Da muss ich 125 hügelige Kilometer schaffen. Aus heutiger Sicht weiß ich echt noch nicht, wie das gehen soll. Eine gute Nachricht gibt's auch: Ulf, Markus und Jesko haben Dank unermüdlichen Einsatzes des Erstgenannten noch eine Startnummer bekommen. Es wird jetzt wohl doch eher ein Rennen, als eine gemütliche Touristenrunde.



Samstag, 7. Februar 2009

Allein, Allein

Da hat der Holländer wohl die Verbreitung dieses neuartigen Dings namens Internet völlig unterschätzt. Innovativ wie er ist, erlaubte er Online-Anmeldungen für das Jedermann-Rennens seines liebsten Klassikers - dem Amstel Gold Race. Gut zwei Wochen hat es 2008 gedauert, bis der letzte der 12.000 Startplätze verkauft war. Aber das war letztes Jahr.

Nun entschuldigte sich der Oranje schon nach knapp 30 Stunden dafür, dass alle Plätze vergeben sind. Die Seite war während dieser zeit kaum bis gar nicht erreichbar und so dachten sich viele Radler, dass sie ja noch Zeit haben und es später noch einmal versuchen können.

Doch es gab eben kein später. Auch nicht für Markus, Jesko und Ulf. Meine Mitfahrer müssen wohl zu Hause bleiben und ich kann mich gar nicht darüber freuen, dass ich noch eine Anmeldung bekommen habe. Nun wird der 18. April für mich zu einem gemütlichen Ausflug über 125 Kilometer über die gefürchteten Hügel Limburgs.

Das Beste, der 22 Prozent steile Keutenberg, baut sich großzügigerweise erst dann vor einem auf, wenn man schon 100 Kilometer in den Beinen hat. Aber das ist nun mangels Konkurrenz nicht mehr so schlimm. Ich werde gemütlich in die Pedale treten, meine Kamera mitnehmen und die leidenden Holländer filmen. Und das alles kommt dann ins Internet - sozusagen als Rache des kleinen Mannes.

Donnerstag, 8. Januar 2009

Schluderei im Dezember

Im Dezember bin ich etwas vom Gas gegangen. Schuld waren meine Faulheit und das Wetter. Letzteres lässt auch momentan kaum einen Lauf zu, so dass der Januar wohl noch desaströser wird. Hmmmm....