Samstag, 17. Mai 2008

Raserei

Der Tag der Arbeit ist in Frankfurt am Main auch immer der Tag des Fahrrads. Seit über 40 Jahren findet dort am 1. Mai das Rennen Rund um den Henninger Turm statt. Leider steht die Veranstaltung auf der Kippe, weil sich der Hauptsponsor zurückzieht. Und das eventuell bevorstehende Aus des Henningers empfanden Markus und ich als würdigen Anlass für unser erstes Jedermann-Rennen.

Mehr oder weniger gut trainiert standen wir kurz vor neun mit über 1500 (!!!) anderen Radlern am Start. Schnell machten wir drei bis vier Leute aus, die wir auf jeden Fall schlagen mussten. Die anderen sahen einfach zu schnell aus, hatten zu schicke Räder und vor allem frisch rasierte Beine. Mit meinem Fell empfand ich mich als leicht overdressed. Nachdem der Startschuss gefallen war, dachte ich, ich bin im falschen Film. Die fuhren alle los wie die Irren, meine Tacho weigerte sich, weniger als 50 km/h anzuzeigen. Und das Ellenbogen an Ellenbogen mit anderen Fahrer. Wahnsinn.

Nach 20 Kilometern entspannte sich alles ein wenig und das war auch bitter nötig, denn ich war bereits einigermaßen platt. Dumm nur, dass sogleich der erste und heftigste Berg anstand. Nachdem wir 500 Meter über Kopfsteinpflaster (aua!) geruckelt waren, türmte sich der Schulberg erbarmungslos vor uns auf. Aus den Augenwinkeln nahm ich gerade noch das Warnschild 19% wahr, doch es war zu spät. Es ging schon so steil nach oben, dass ich dachte nach hinten zu kippen. Der Hügel zog mir für die nächsten 20 Kilometer den Zahn.
Nachdem Markus mich locker abgehängt und ich mich zum höchsten Punkt des Rennens gekämpft hatte, stand endlich die Abfahrt an. Es ist einfach herrlich, auf abgesperrten Straßen durch den Taunus zu sausen. Immerhin hab ich fast 80 km/h geschafft. Bei Kilometer 60 stand dann die erste Entscheidung an. Entweder war ich zu langsam und musste zum Ziel abbiegen oder ich lag noch in der Karenzzeit, so dass ich noch weitere 40 Kilometer strampeln konnte.

Zu meiner Überraschung durfte ich geradeaus weiterfahren, was mir einen ungeheuren Adrenalinschub verpasste. Schnell fand sich eine Gruppe von acht bis zehn Fahrern und wir feuerten mit über 40 in Richtung Frankfurter Innenstadt. Ich war super drauf, ging jeden Antritt mit. Die Gruppe reduzierte sich auf fünf Fahrer.

Drei Kilometer vor dem Ziel war jedoch urplötzlich Schicht. Die Beine fahren leer und baumelten kraftlos an mir herunter. Nur durch die Klickpedale machten sie noch irgendwie pedalierende Bewegungen. Mit Tempo 20 (peinlich, peinlich) meisterte ich die Kilometer 98, 99 und 100 bis endlich, endlich, endlich die Ziellinie überquert war. Ich war einfach nur glücklich, aber auch schlicht und ergreifend gründlich im Eimer.